Publikationsrepositorium - Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

1 Publikation

3D-Visualisierung von Fluidströmungen in Salinargestein mittels Positronen-Emissions-Tomographie

Wolf, M.; Kulenkampff, J.; Enzmann, F.; Lippmann-Pipke, J.; Gründig, M.; Richter, M.

Abstract

Der ehemalige Kali- und Steinsalzbergbau im Raum Staßfurt (Sachsen-Anhalt) führt seit dem 19. Jahrhundert zu stellenweise erheblichen Bergschäden im Stadtgebiet, die auf Subrosion und Konvergenz untertägiger Hohlräume zurück gehen. Gebäude und Infrastruktur sind von großflächigen Absenkungen, Vernässungen und lokalen Tagesbrüchen in Mitleidenschaft gezogen worden.

Da man ähnliche Bergbaufolgeschäden in vielen Regionen des Salzbergbaus antrifft, hat sich das aus mehreren Forschungseinrichtungen, Universitäten und Unternehmen bestehende Forschungsverbundvorhaben Dynamik abgesoffener oder gefluteter Salzbergwerke und ihres Deckgebirgsstockwerks unter Federführung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zum Ziel gesetzt, Ursachen, Prozesse und Auswirkungen der Bergschäden exemplarisch und allumfassend zu untersuchen.

Um ein möglichst umfassendes Bild der im Untergrund ablaufenden Prozesse und deren Ursachen und Folgen zu erhalten, sind Untersuchung der kleinräumigen Strukturen und Prozesse im Labormaßstab erforderlich. Die großräumige Abschätzung der Grundwasserdynamik im Salinar und im Deckgebirge, also der Ursachen und Folgen der Subrosion, bedarf der Charakterisierung von Wegsamkeiten und der Fluiddynamik bis in den Milli- und Mikrometerbereich, da sich die grundlegenden Prozesse auf der molekularen Ebene in der Mikroskala abspielen und somit die Dynamik in der regionalen Größenordnung bestimmen.

Wie auf der Feldskala, so wird auch auf der Laborskala die Verteilung von hydrologischen Parametern, wie z. B. Permeabilitäten, Abstandsgeschwindigkeiten und Dispersionsraten von der heterogenen Struktur des Gesteins kontrolliert, weswegen diese Parameter nicht nur im regionalen sondern auch im Labormaßstab strukturbezogen, also räumlich differenziert, erhoben werden sollten.

Daher wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Geologischen Institut der JGU Mainz eine Methode zur direkten räumlich aufgelösten und quantitativen Prozessbeobachtung entwickelt und angewendet. Hierfür wurde die Methode der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) eingesetzt, ein ursprünglich medizinisches, bildgebendes Verfahren. Dieses Verfahren erlaubt es, zerstörungsfrei, mit höchstmöglicher Empfindlichkeit und geeignetem Auflösungsvermögen, die Bewegung einer mit einem radioaktiven Tracerisotop (hier F-18 und I-124) markierten Wassermenge in Raum und Zeit zu beobachten, wobei die Menge des eingesetzten Radiotracers im Bereich weniger Nanogramm gehalten werden kann. Das System wird somit durch den Tracer auf geringst mögliche Weise beeinflusst und es wird ein sehr realistisches Bild des Fließverhaltens mit einer räumlichen Auflösung von 1 mm und einer zeitlichen Auflösung von 60 s erzeugt.

Bislang wird in der Literatur nur von wenigen Ansätzen berichtet, die das Ziel verfolgen, die realistischen Verhältnisse strömender Fluide in heterogen strukturierten Gesteinen dreidimensional abzubilden. Solche Strömungsmuster werden in der Regel mittels stochastischer Modelle durch Computersimulationen erzeugt. Erst ein Abgleich mit gemessenen Strömungsmustern kann zur Validierung dieser Simulationen führen, was auch erst ein valides Upscaling in die Feldskala ermöglicht.

In Kooperation mit der Bundesanstalt für Materialforschung- und prüfung Berlin (BAM) und dem Geologischen Institut der Johannes-Gutenberg Universität Mainz (JGU) werden daher die PET-Messungen zur Fluiddynamik mit Lattice-Boltzmann-Simulationen der Fließprozesse verglichen, die auf hochauflösenden computertomographischen µXCT Messungen der internen Struktur der identischen Bohrkerne beruhen.

Der Vergleich von PET-Messdaten mit Lattice-Boltzmann - Simulationsdaten bedeutet eine Skalenübertragung um etwa drei Größenordnungen (µm - mm). Daher erfolgt der Abgleich zwischen gemessenen und simulierten Daten auf statistischem Wege. Gemessene und simulierte Strömungsmuster werden mittels Variographie mit einander abgeglichen, da diese Methode skalenübergreifend die Korrelationen zwischen den Fließmustern wider gibt. Ebenso werden räumlich differenzierte Durchbruchkurven und Histogramme für den Vergleich von Messung und Simulation heran gezogen.

Diesem Ansatz liegt das Bestreben zugrunde, zu einer Erweiterung des generellen Prozessverständnisses und der Vorhersagbarkeit über das Verhalten von Fluiden in porösen und klüftigen Gesteinen beizutragen und die beobachteten Phänomene und Prozesse von der Labor- auf die Feldskala zu übertragen.

Nicht in jedem Fall war dieser Abgleich zwischen Simulation und Experiment jedoch möglich: während in klüftig-porösen Materialien gewöhnlich mit beiden Methoden räumlich stark differenzierte präferentielle Fließwege im Kluftsystem gefunden wurden, konnte in eher mikrostrukturell ausgeprägten Materialien trotz messbarer Permeabilität gelegentlich kein verbundener Porenraum aus den CT-Bildern segmentiert und somit keine Lattice-Boltzmann-Simulation durchgeführt werden. In diesem Fall zeigte die PET-Untersuchung ein diffuses Ausbreitungsverhalten des Tracers.

  • Vortrag (Konferenzbeitrag)
    Staßfurt-Verbund Abschlusstagung 2010, 18.-20.11.2010, Staßfurt, Sachsen-Anhalt

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-14692