Publikationsrepositorium - Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

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„Der Weg ist für jeden hürdenreich“ Neue Veranstaltungsreihe beleuchtet Karrierewege für Frauen in der Wissenschaft

Scharf, C.

Abstract

Obwohl sich die Anzahl weiblicher und männlicher Hochschulabsolventen in etwa die Waage hält, sind auf den akademischen Führungspositionen nur selten Frauen zu finden. Über die Gründe wird viel diskutiert. Unter anderem würden den jungen Forscherinnen geeignete Vorbilder fehlen. Die HZDR-Zentralabteilung Verwaltung hat eine Veranstaltungsreihe aufgesetzt, in der Professorinnen des Zentrums ihren Weg in der Wissenschaft vorstellen. Den Anfang machte im März Prof. Christiane Scharf. Sie hält seit Oktober 2013 die Professur für Metallurgie und Recycling von Hochtechnologiemetallen an der TU Bergakademie Freiberg. Außerdem leitet sie die Abteilung Metallurgie und Recycling am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie. insider hat sich mit ihr über die Situation für Frauen in der Wissenschaft unterhalten.

insider: Frau Scharf, Sie sind ein seltener Fall. Nur ein Fünftel aller deutschen Professuren ist weiblich besetzt. Wie kommt das?
Christiane Scharf: Ich persönlich denke, dass das deutsche Familien- und vor allem Frauenbild hier immer noch eine sehr starke Rolle spielt. Der Einfluss des direkten familiären Umfeldes hat enorme Auswirkungen auf die Karriere. Kommt aus dieser Richtung zusätzlicher Widerstand, was wohl leider nicht selten der Fall ist, wird es sehr schwierig, die ohnehin hohen Hürden zu meistern. Wenn man allerdings den Rückhalt spürt, wird Vieles wesentlich leichter. Häufig genügen dafür schon ein oder zwei Personen, auf die man sich verlassen kann.

Gerade bei Frauen kommt es relativ häufig vor, dass sie einen Ruf nicht annehmen. Könnte das in diesen Fällen auch eine Rolle spielen?
Absolut. Industrie und Wissenschaft haben mittlerweile zum großen Teil begriffen, dass viele Frauen alle Qualifikationen mitbringen und neue Ideen beisteuern können. Eine Führungsposition bringt jedoch automatisch neue Pflichten und einen höheren Grad an Verantwortung mit sich. Ob man sich selbst zutraut, dies zu erfüllen, hängt wiederum stark vom persönlichen Umfeld ab. Dabei sollten auch gesellschaftliche Vorstellungen – ich nenne hier zum Beispiel den Begriff der Rabenmutter, selbst wenn das altertümlich klingen mag – nicht unterschätzt werden.

An welcher Stelle könnte man ansetzen, um das zu ändern?
Zu meiner Schulzeit wurde noch stark das Bild vermittelt, dass Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen nichts verloren hätten. Glücklicherweise ändert sich das seit etwa fünfzehn Jahren. Gesellschaftlich hat sich schon viel getan. Am Ende ist es natürlich trotzdem eine Persönlichkeitsfrage: Wie gehe ich zum Beispiel mit Niederlagen um? Nach meinem Chemieingenieursstudium habe ich mehr als 100 Absagen erhalten.

Und wie gingen Sie damit um?
Ich habe als chemische Fachkraft bei einem Privatunternehmen angefangen. Diese Erfahrungen aus der Industrie haben mir später sehr weitergeholfen. In den meisten Fällen ist die größte Hürde, erst einmal in das gewünschte Feld hineinzukommen. Sobald man auf einer sachlichen Ebene diskutiert, sind die Vorurteile sehr schnell entkräftet.

Könnte das auch eine Lösung für ein zurückhaltendes Umfeld sein?
Aus meiner persönlichen Erfahrung würde ich sagen ja. Mit zunehmendem Erfolg wird auch das kritische Umfeld immer ruhiger. Jungen Forscherinnen, und natürlich auch jungen Forschern, kann ich deswegen nur den Mut zusprechen, in sich selbst zu vertrauen, auch wenn die Herausforderungen hoch erscheinen. Man sollte sich immer selbst klar machen, welche Chancen dieser Weg mit sich bringt.

Was war dabei Ihr Erfolgsrezept?
Ich würde sagen, eine Strategie der kleinen Schritte. Wenn ich mir schon beim Abitur denke, in 20 Jahren musst du auf dieser Position sitzen, dann ist das eine riesige Hürde. Es kann dann schnell passieren, dass man bei den ersten Niederlagen, die mit großer Wahrscheinlichkeit kommen werden, zu verzweifeln beginnt. Es geht eher darum, immer am Ball zu bleiben. Der rote Faden muss erkennbar bleiben, ohne krampfhaft auf ein einziges Ziel hinzuarbeiten. Jeder erfolgreiche Schritt, auch wenn er klein sein mag, bringt dann neue positive Energie.
Das Interview führte Simon Schmitt.

  • Kommunikation und Medien
    Interview 11.03.2016
    1 Seiten

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