Sensorik für die Digitalisierung chemischer Produktionsanlagen


Sensorik für die Digitalisierung chemischer Produktionsanlagen

Hampel, U.; Schütze, A.; Rädle, M.; Rück, T.; Krawczyk-Becker, M.; Musch, T.; Maiwald, M.; Fröhlich, H. J.; Zeck, S.

Abstract

Die chemische Industrie steht derzeit, wie viele andere Industriebereiche, vor den Herausforderungen einer Digitalisierung der Produktion. Sie ist der Schlüssel für die Flexibilisierung von Prozessen und Anlagen, für die Verkürzung von Produkteinführungszeiten sowie für den Zuschnitt der Produktion auf wechselnde Nachfrage und kürzere Produktlebenszyklen. In einer vernetzten Welt werden Informationen über Rohstoffe, Energieträger und Marktbedingungen instantan verfügbar. Sie können damit direkt in Prozessabläufe einfließen und bei der Erstellung von Marktprognosen helfen. Allerdings ergeben sich für die Digitalisierung von Produktionsprozessen in der chemischen Industrie besondere Herausforderungen durch ein oftmals sehr produktspezifisches Anlagendesign sowie die komplexe stoffliche und energetische Verkettung von Grundoperationen.
Die Messtechnik und Sensorik spielt neben der intelligenten Datenverarbeitung eine Schlüsselrolle für die Digitalisierung. Flexiblere Anlagen benötigen Sensorik zur Überwachung des Anlagenzustandes, zur Früherkennung nicht bestimmungsgemäßer Betriebszustände sowie für eine bedarfsgerechte Wartung. Neben der Zustandsüberwachung ist ebenfalls eine verbesserte Sensorik für die Erfassung von stoffbezogenen Daten essenziell, um Einbußen der Produktqualität, etwa durch Verunreinigungen und Spurstoffe, schwankende Eduktzusammensetzungen oder degradierte Katalysatoren frühzeitig zu erkennen. Dafür geeignete spektroskopische Messtechniken sind heute fast immer noch ausschließlich für den Laborbereich verfügbar und müssen auf die Prozessebene übertragen werden.
Für diese Herausforderungen ist die in heutigen Prozessanlagen vorhandene betriebliche Instrumentierung sowohl bezüglich der von ihr erfassten Informationen als auch bezüglich der von ihr bereitgestellten Schnittstellen und Datenformate nicht ausreichend. Eine Weiterentwicklung der Prozessmesstechnik und Prozessanalysentechnik in Richtung der Erfassung sekundärer Prozess-parameter, einer intelligenten multimodalen Sensordatenverarbeitung, standardisierter digitaler Schnittstellen sowie Sensorintelligenz ist unabdingbar. Schließlich ist beim verstärkten Einsatz neuer Sensorik der Sensorrobustheit, der Eigensicherheit im Prozess sowie der einfachen, auch nachträglichen oder temporären, Installierbarkeit von Sensoren in großen Anlagen und rauen Prozessumgebungen Rechnung zu tragen.
Da die Entwicklung neuer und verbesserter Messtechnik und Sensorik grundlegend aus verschiedenen Richtungen gedacht werden muss, haben sich Akteure aus verschiedenen Branchen zusammengetan und dieses Positionspapier erstellt. Es basiert auf einer grundlegenden Analyse des Ist-Stands sowie des Bedarfs der Industrie, die unter anderem auf einem eigens dafür durchgeführten Workshop mit Sensorentwicklern, Anlagenherstellern sowie Anlagenbetreibern am 18. Juni 2019 bei der DECHEMA in Frankfurt a. M. diskutiert wurden. Diese Aktivitäten wurden maßgeblich von der Initiative Wanted Technologies der ProcessNet sowie dem AMA Verband für Sensorik und Messtechnik e.V. initiiert.

Keywords: Messtechnik; Sensorik; Datenverarbeitung; chemische Industrie; Digitalisierung; Industrie 4.0

  • Bericht, sonstiger
    Frankfurt am Main: DECHEMA e.V., 2020
    18 Seiten

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-30664