Nachhaltiges Bauen in der Praxis: Bestandserhalt und ökologische Sanierung


Nachhaltiges Bauen in der Praxis: Bestandserhalt und ökologische Sanierung

Dirlich, S.; Schweiker, K.

Abstract

Nachhaltiges Bauen ist immer noch eine Nische im Baubereich, obwohl es zahlreiche Vorteile bietet. Mittlerweile wünscht sich auch die Präsidentin der EU-Kommission zur Umsetzung des „Green Deals“ einen Aufbruch auch im Baubereich, der als „New European Bauhaus“ bezeichnet wird in Anlehnung an die Ideen des Bauhauses im 20. Jahrhundert. Auch der Bund Deutscher Architekten (BDA) fordert in seinem Manifest zum klimagerechten Bauen aus dem Jahr 2020 eine Abkehr vom konventionellen Bauen und schlägt eine Reihe von Maßnahmen zu dessen Umsetzung vor, so u. a. „Achtung des Bestands“, „einfach intelligent“ oder „vollständige Entkarbonisierung“.
Beim nachhaltigen Bauen geht es u. a. darum, den gesamten genutzten Wohnraum zu reduzieren, möglichst natürliche und regionale Baustoffe mit geringem Energieinhalt zu nutzen, eine zukunftsfähige Medienversorgung einzusetzen und klimaangepasst zu bauen, also den Bedingungen, die das Klima vorgibt, mit architektonischen statt ingenieurtechnischen Lösungen zu begegnen. Eine Möglichkeit, auf diese Anforderungen einzugehen, besteht im traditionellen Bauen und der Übertragung auf zukunftsfähiges Bauen. Traditionelles Bauen kann als ein Vorbild dienen, um nachhaltig und klimagerecht zu bauen. In früheren Zeiten wurde so gebaut, wie es die regionalen Baustoffe hergaben und die klimatischen Verhältnisse erforderten. Einerseits können in den tropischen Klimazonen Häuser errichtet werden, die den lokal vorhandenen Gegebenheiten gerecht werden und den Menschen trotz der oftmals großen Hitze einigermaßen angenehme Wohnverhältnisse ermöglichen. Andererseits können in den arktischen Gebieten Menschen durch die geschickte Ausnutzung von Bauprinzipien bei eisigen Temperaturen für akzeptable Wärme in den eigenen Wänden zu sorgen. Dabei kann gerade Holz als sehr variabler und in vielfältigen Bereichen einsetzbarer Baustoff dienen, der mittlerweile auch in den Bauordnungen der Länder stärker anerkannt wird. Holz ist zudem noch eine Kohlenstoffsenke und hat insbesondere im Gegensatz zu sehr CO2-intensiven Bauprodukten auf Zementbasis wie Beton große Vorteile bezüglich der Klimarelevanz. In Verbindung mit dem ebenfalls traditionellen Baumaterial Lehm können regionale Rohstoffe genutzt werden, die sich darüber hinaus gut ergänzen und nicht zuletzt auch hohen ästhetischen Ansprüchen genügen.
In der Praxis setzt die Umsetzung nachhaltiger Bauprinzipien oftmals den Willen der Bauherren ebenso voraus wie die Erfahrungen der Bauplanerin/des Bauplaners mit nachhaltigem Bauen. Wenn beides gegeben ist, wie bei der Sanierung einer Doppelhaushälfte in einer Siedlung in Dresden-Reick, kann Wohnraum entstehen, der sowohl aus architektonischer als auch ökologischer Sicht überzeugend ist. Im Verlauf des Bauprozesses mussten teilweise auch die Handwerker überzeugt werden, da die bauseitigen Lösungen beim Einsatz ökologischer Materialien und Bauprinzipien nicht immer mit der konventionellen Herangehensweise zu erzielen sind. Durch entsprechende intensive Absprachen mit den betreffenden Handwerkern konnte aber immer eine überzeugende Lösung erreicht werden und dadurch konnten zudem beide Seiten voneinander lernen.

Keywords: Nachhaltiges Bauen; sustainable building; Bestandserhalt; preservation of existing buildings

  • Buchkapitel
    Leal Filho, Walter: Theorie und Praxis der Nachhaltigkeit, Berlin: Springer Spektrum, 2022, 9783631871645

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-32769