EIT Raw Materials: Neue Perspektiven für die europäische Rohstoffforschung; Acamonta 2015


EIT Raw Materials: Neue Perspektiven für die europäische Rohstoffforschung; Acamonta 2015

Gutzmer, J.; Klossek, A.; Pereira, T.

Abstract

Obwohl Europa über ein enormes Innovationspotenzial verfügt, entstehen besonders im Rohstoffsektor nur wenige Start-up-Unternehmen. Neuartige Technologien und Prozesse schaffen – trotz exzellenter Forschung – zu selten den Sprung auf den Markt. Zwar stehen den meisten Start-ups in der frühen Entwicklungsphase öffentliche Fördermittel, wie z. B. Gründer-Fonds, zur Verfügung, doch fehlt ihnen danach oft das nötige Geld für den entscheidenden Wachstumsschub hin zu einer kapitalmarktbasierten Eigenfinanzierung. Häufig wird diese Phase als „Tal des Todes“ bezeichnet. Ein Unternehmen, das sie überlebt, erhält Zugang zu einem Markt, der Investoren bereithält, die voraussichtlich tragfähige Geschäftsmodelle im Weiteren unterstützen.
Damit mehr Start-up-Unternehmen zukünftig dieses Tal des Todes überwinden und so das Innovationspotenzial des europäischen Rohstoffsektors auch ausgeschöpft werden kann, wollen 115 europäische Partner – zu denen das zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf gehörige Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie und die TU Bergakademie Freiberg zählen – gemeinsam einen wichtigen Paradigmenwechsel anstoßen. Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Attraktivität des europäischen Rohstoffsektors sollen durch radikale Innovation, aber auch Unternehmergeist gesteigert werden. Ziel ist es, diesen wichtigen Industriesektor zu einer strategischen Säule der Wirtschaft der EU zu machen. Das Europäische Institut für Innovation und Technologie (EIT) – eine Organisation der EU – teilt diese Vision. Es hat deshalb Anfang Dezember 2014 ein Konsortium, koordiniert vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und von der Fraunhofer-Gesellschaft, damit beauftragt, eine Wissens- und Innovationsgemeinschaft (Knowledge and Innovation Community, KIC) für den Rohstoffsektor zu etablieren. Das neue KIC trägt den Namen „EIT Raw Materials“. Es bringt Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus 22 EU-Mitgliedsstaaten unter einem Dach zusammen. Damit ist EIT Raw Materials das größte Rohstoffnetzwerk der Welt, das
auf ideale Weise ein für alle KIC charakteristisches Wissensdreieck aus Ausbildung, Forschung und Industrie erzeugt. Durch seine enorme Anzahl von Partnern verfügt das Netzwerk über Kompetenzen aus dem gesamten Spektrum des Wissens und Forschens über die mineralischen und metallhaltigen Rohstoffe und deckt alle Glieder der Rohstoff-Wertschöpfungskette vollständig ab – von der Erkundung über die Aufbereitung bis hin zu Recycling und
der Substitution von Ressourcen. Diesen strategischen Vorteil will das Institut dazu nutzen, um Barrieren, die die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen behindern, zu überwinden. Auf diese Weise soll der Dialog zwischen den involvierten Potenzialen und Bereichen vor allem durch Verständigung über jeweils anzugehende Ziele sowie durch den Austausch von Ideen und Forschungsergebnissen vereinfacht werden. Nur so kann sich der europäische Rohstoffsektor und können sich auch die an ihn angrenzenden Branchen in einen Wachstumsmarkt für
Investitionen, Innovationen und talentierte Entrepreneure verwandeln. Damit dies gelingt, müssen sich Politiker, Unternehmer und Wissenschaftler
darüber im Klaren sein, welche Herausforderungen der europäische Rohstoffsektor zu bewältigen hat. Denn im Vergleich zu Ländern wie China, Russland oder den USA ist die EU bei der Versorgung mit existenziell wichtigen mineralischen und metallischen Rohstoffen noch deutlich stärker vom globalen Handel abhängig. Eine der wichtigsten Aufgaben des EIT Raw Materials wird es deshalb sein, neue ökonomisch und ökologisch fundierte Konzepte
zu entwickeln: für die Nutzung heimischer Lagerstätten, den Bergbau unter schwierigen, oft urbanen Bedingungen – ebenso wie für den Ausbau einer wettbewerbsfähigen rohstoffverarbeitenden und sonstigen rohstoffnahen Industrie. Eine weitere Herausforderung wird sein, mit neuen Technologien und Nutzungskonzepten den Weg für eine effiziente und nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu ebnen. Ausgediente Hightech-Produkte etwa, wie Smartphones oder Laptops, dürfen nicht mehr als Müll angesehen werden, sondern vielmehr als Quelle für die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe.
Um diese und weitere Aufgaben meistern zu können, gilt es, alle Partner des KIC optimal miteinander zu verknüpfen. In lokalen Zentren, den sog. Co-Location Centers (CLC), bündelt das Netzwerk dafür transnationale Regionen mit thematischen Schwerpunkten. Insgesamt gibt es sechs solcher Zentren, und zwar in Italien, Frankreich, Polen, Belgien, Finnland und Schweden. Das EIT Raw Materials koordiniert sie von seinem Hauptsitz in Berlin aus. Die deutschen Partner beteiligen sich an den drei CLC in Frankreich, Belgien und Polen.

Keywords: EIT; Raw Materials; KIC; Freiberg; TU Freiberg; EU; Rohstoffforschung; Netzwerk

  • Acamonta - Zeitschrift für Freunde und Förderer der Technischen Universität Bergakademie Freiberg 22(2015)1, 91-93

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-37472